Trump und die unfreiwillige Politik des starken USD
» Trotz der diplomatischen Entgleisungen beim G7-Gipfel lässt sich bislang keine nennenswerte Reaktion am Devisenmarkt erkennen.
» Marktseitig überwiegt die Wahrnehmung, dass der USD bei einer weiteren Eskalation am besten gewappnet ist (Konjunkturdifferenz, Fed-Schritte, …)
» Dass Trumps Kurs damit eine kontraproduktive USD-Stärke als unerwünschte Nebenwirkung haben könnte, wird derzeit nicht thematisiert.
Während die öffentliche Meinung über die Ereignisse beim G7-Gipfel noch zwischen Entsetzen, Ernüchterung und stillschweigender Bewunderung schwankt, lässt sich an den Finanzmärkten bislang keine auffällige Bewegung erkennen. Weder das Risiko eines eskalierenden Handelskriegs noch der weltwirtschaftliche Ausblick werden nennenswert anders beurteilt als noch am Freitag.
Ob Trumps Vorstellungen von Freihandel umsetzbar sind und sich der Rest der Welt tatsächlich unfair an den USA bereichert, sei dahingestellt. Fakt ist: der US-Präsident will die Situation "seiner" Exporteure verbessern und das US-Handelsdefizit (als Symptom der unfairen Behandlung der USA) abbauen. Dafür sind neben verbalen Drohkulissen Importzölle sein Mittel der Wahl. Diese Kampfansage könnte über den Wechselkurs-Kanal eine ungeahnte und derzeit weitgehend ignorierte Nebenwirkung haben, indem sie zu einer für sein Ziel kontraproduktiven USD-Aufwertung führt.
Derzeit profitiert der Dollar vom positiven US-Konjunkturausblick, und in der marktseitigen Wahrnehmung überwiegt die Einschätzung, dass die US-Wirtschaft aus den handelspolitischen Impulsen gewinnen kann - oder zumindest der Rest der Welt stärker unter einem rückläufigen Außenhandelsvolumen leiden würde als die USA. Die Perspektive, dass es um die Kaufkraft der US-Konsumenten ohne billige Importe aus dem Ausland schlechter gestellt wäre, ist dagegen nicht en vogue. Sollten sich die Strafzölle in den USA in höheren Preisen niederschlagen, spräche das zudem für tendenziell mehr Zinserhöhungsspielraum für die US-Notenbank als bislang, so die marktseitige Interpretation. (Die steigenden Preise könnten aus höheren Importpreisen resultieren, weil es für bestimmte importierte Güter keine Substitute aus den USA gibt, und die Importzölle somit wie eine Steuer für die US-Käufer wirken. Sollte es hinreichend vergleichbare Produkte aus den USA geben, würden deren Preise aufgrund der erhöhten Nachfrage ebenfalls unter Aufwärtsdruck kommen, da die Kapazitäten in vielen Segmenten der US-Volkswirtschaft bereits gut ausgelastet sind.)
Egal wie man es dreht und wendet: derzeit gewinnt der US-Dollar. Dabei droht eine spürbare USD-Aufwertung die handelspolitischen Bemühungen von Trump zunichtezumachen und die Wettbewerbssituation der US-Exporteure zu belasten. Dass Trump mit seiner aggressiven Handels- und Sicherheitspolitik letztlich eine Politik des Starken Dollars betreibt, hat sich bislang noch nicht herumgesprochen, könnte ihm aber ungeahnte neue Probleme bereiten.