Brexit-Belastungen für die britische Wirtschaft immer deutlicher
Schlechte Nachrichten aus der britischen Industrie: Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe ist im April gegenüber dem Vormonat so stark gesunken, wie seit fünf Jahren nicht mehr – minus 1,4 Prozent stehen zu Buche. Es ist bereits der dritte Rückgang in Folge. In der Gesamtindustrie war das Minus nicht ganz so verheerend, weil die Ölförderung deutlich zulegen konnte. Ebenfalls schwach sind die Exportzahlen ausgefallen. Die Warenausfuhren sanken um fast 6 Prozent gegenüber dem Vormonat und liegen nun mehr als 7 Prozent unter dem Niveau vom April letzten Jahres.
Damit reihen sich auch die britischen Angaben in die Serie schwacher Industrie- und Außenhandelsdaten ein, die momentan aus vielen Ländern der EU für den Start des zweiten Quartals gemeldet werden. Die Exportkonjunktur in ganz Europa stockt. Für die Briten ist dieser Rückschlag jedoch besonders herb. Dank der lebhaften Nachfrage aus dem Ausland, die zudem durch das schwache Pfund befeuert wurde, waren die Belastungen durch den bevorstehenden Brexit bislang nicht so empfindlich zu spüren. Die Konsumnachfrage als eine der wichtigsten Säulen für die britische Konjunktur hat zwar seit gut einem Jahr deutlich nachgelassen und das Wachstum sicherlich um etwa einen Prozentpunkt gedrückt. Der Export konnte das aber zumindest abfedern.
Nun scheint auch die Sonderkonjunktur in der britischen Exportindustrie auszulaufen. Darauf deuten die Details zur Industrieproduktion hin, die Schwächen vor allem in exportorientierten Branchen zeigen. Gründe dafür gibt es sicherlich einige: Die zahlreichen Unsicherheiten weltweit, die den globalen Aufschwung bedrohen und auf dem europäischen Festland bereits für deutliche Bremsspuren gesorgt haben. Immerhin geht fast die Hälfte aller britischen Exporte in die übrigen Länder EU. Auch das Pfund hatte sich in den letzten Monaten wieder fester gezeigt und der britischen Industrie einigen Rückenwind genommen. Erst Mitte April gab es wieder nach.
Die aktuellen Querelen rund um den Brexit schließlich dürften an der Industrie ebenfalls nicht spurlos vorbeigegangen sein. Immerhin rückt das Austrittsdatum immer näher, aber die britische Regierung zeigt sich tief gespalten, stets gefährlich nahe an einer Regierungskrise. Noch ist selbst die geplante Übergangsphase, die im März nächsten Jahres beginnen soll, nicht in trockenen Tüchern und das Risiko, dass die Verhandlungen mit Brüssel doch noch platzen, längst nicht abgewendet – schon gar nicht mit dieser zerstrittenen Regierung.
Für das britische Wirtschaftswachstum sind die nun veröffentlichten Zahlen zur Industrie und zum Außenhandel eine Hypothek. Nach dem bereits schwachen Jahresauftakt mit nur einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent, dürfte auch das zweiten Quartal kaum besser ausfallen. Die Belastungen durch den Brexit treten nun immer deutlicher zu Tage. Wir rechnen daher für das laufende Jahr auch nur mit einem verhaltenen Zuwachs von 1 Prozent.