Die Welt ist im Wandel – Deutschland muss sich positionieren

Der Themenpalette auf dem kommenden G7 Treffen – das sich langsam in G6 plus 1 (USA) wandelt - zeigt eindringlich, wie die Weltpolitik sich verändert. Die Globalisierung hat zu großen sozialen Verschiebungen geführt, die politisch nicht ausreichend abgefedert wurden. Die Digitalisierung hat die Veränderungsgeschwindigkeit in den Gesellschaften spürbar erhöht. Globale Wanderungsbewegungen, angetrieben durch Krieg, Armut und Klimaveränderungen, führen zu einem hohen Migrationsdruck in den Industrieländern.


Die Folge in den Gesellschaften sind zunehmende Verlust- oder/und Abstiegsängste. Diese Entwicklungen haben spürbare Folgen in der politischen Willensbildung in den Industrieländern. Die Menschen werden empfänglich für populistische Politik und vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Probleme. Hinzu kommt eine zunehmende Entfremdung der politischen Klasse von der restlichen Bevölkerung.


Ergebnisse dieser Umwälzungen sind nicht zuletzt die Wahl von US Präsident Trump und die neue italienische Regierung. Insbesondere Trump krempelt mit seinem Politikstil, der zu einem Großteil auf Unberechenbarkeit fußt und die Interessen der USA in den Vordergrund stellt, die internationale Politik um. Dabei ist Trump nicht ohne Erfolg. Seine Strafzölle haben zu einer hektischen Diplomatie geführt, die den USA in die Hände spielt.


Die Gründe für den Erfolg sind dabei nicht eine außergewöhnlich geschickte Diplomatie, sondern die Tatsache, dass die USA ein sehr wichtiger Absatzmarkt ist, die US Notenbank durch den US Dollar als Leitwährung die Weltkonjunktur stark beeinflussen kann und das US Militär sehr durchsetzungsstark ist. Somit kann Trump der Welt zurzeit in weiten Teilen seinen Willen aufzwingen. Was ihm innenpolitisch sicherlich zum Vorteil gereicht und entsprechend auch für die kommenden Wahlen instrumentalisiert wird.


Für Europa heißt das leider auch, dass ein ehemals wichtiger Partner nicht mehr richtig belastbar und berechenbar ist. Dies sollte eigentlich zu einer Rückbesinnung auf eigene Stärken führen. Jedoch zeigt sich dabei, dass man sich in Europa in der Vergangenheit sehr auf die USA verlassen hat und für viele Fragenstellungen zurzeit keine adäquaten Antworten bieten kann. Zudem sind Europa und der Euroraum politisch durch den nahenden Brexit und die Situation in Italien zusätzlich geschwächt, da man auf diese politischen Entwicklungen reagieren und das institutionelle Umfeld entsprechend umbauen und anpassen muss.


Die Regierung Merkel zeichnet sich durch Kontinuität und Stabilität aus. Aber die Strategien zur Problemlösung der deutschen Regierung haben mit dem veränderten weltpolitischen Umfeld an Effektivität verloren. Ein vorsichtiges und umsichtiges Vorgehen führt leider immer seltener zum gewünschten Ergebnis.


Um die Interessen Deutschlands besser vertreten zu können, müsste man nun klare Standpunkte beziehen und Koalitionen eingehen, um die Verhandlungsmacht zu stärken. Ein Beispiel hierfür sind die durch die US Administration angedrohten bzw. teilweise auch schon umgesetzten Strafzölle. Eigentlich ist dies zwar ein Thema, das auf europäischer Ebene zu klären ist. Aber es wird hierbei insbesondere das deutsche Geschäftsmodell angegriffen.


Dabei kann man sich zunächst fragen, warum Deutschland als Exportnation so erfolgreich ist. Gründe sind sicherlich nicht hohe Subventionen oder günstige Arbeitskosten. Es ist vielmehr eine hohe Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen, die letztendlich sehr gute Produkte produzieren. Diese werden entsprechend stark in allen Teilen der Welt nachgefragt. Den hohen Leistungsbilanzüberschuss kann man nicht den Unternehmen anlasten, sondern eher einer Politik, die die Investitionen in Deutschland zu wenig im Fokus hat. Die sehr hohen Steuereinahmen werden von der Regierung sehr gerne für Klientelpolitik und soziale Wohltaten verwendet, statt das Land und die Infrastruktur zukunftsfähig auszubauen. Ein attraktiver Standort mit einer gesunden Investitionskultur würde auch die Importe stärken, mit dem Effekt von geringeren Handelsüberschüssen.


Ferner könnte man sich auch mit anderen exportorientieren Volkswirtschaften zusammentun, um die Verhandlungsmacht insgesamt zu stärken. Dies erfolgt leider viel zu wenig. Dadurch fällt es den USA sehr leicht, ihre Interessen durchzusetzen.


Eine ähnliche Entwicklung ist auch im Euroraum zu beobachten. Hier lässt sich die deutsche Regierung seit Monaten durch französische Vorschläge treiben. Diese laufen im Grunde auf mehr Solidarität mit den Euroraum-Ländern hinaus. Dies wird nun mit den Forderungen aus Italien sicherlich auf die Spitze getrieben. Aber auch hier muss man konstatieren, dass die Zeiten der generellen Verweigerungshaltung vorbei sind. Es geht jetzt darum, wie man die zukünftige Balance zwischen Solidarität und Eigenverantwortung gestalten möchte. Dies gelingt sicherlich nicht durch eine passive Haltung.


Deutschland ist konjunkturell und gesellschaftlich immer noch in einer sehr günstigen Position. Diese günstige Position sollte man nun nutzen, um durch eine aktive und konstruktive Politik den Rahmen für die weitere gesellschaftliche und konjunkturelle Entwicklung zu gestalten. Frankreich und andere Länder stehen bereit. Nur wenn dies gelingt, kann man den populistischen Kräften im Inland wie auch im europäischen Ausland eine angemessene Antwort entgegensetzen.



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