Italien: Eine Parallelwährung wäre stabil wie ein Kartenhaus
Die designierte Regierung in Rom verspricht Italien nicht weniger als den (wirtschafts-)politischen Wandel – das könnte auch waghalsige Experimente wie die Schaffung einer Parallelwährung zum Euro einschließen. Das Land ächzt unter einem riesigen Schuldenberg in Höhe von 130% der Wirtschaftsleistung, darin noch nicht eingerechnet sind unbezahlte Rechnungen und Lieferantenkredite, die bis zu 100 Mrd. Euro ausmachen und nicht wenige Kleinunternehmer an den Rand des finanziellen Ruins bringen. Da Sparen nicht Sache von Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ist und die Schulden bereits wegen der angedachten Steuerreform steigen dürften, wird offen darüber nachgedacht, diese Verbindlichkeiten nicht in Euro sondern mit Schuldscheinen der Regierung, sogenannten Mini-BOTs, zu begleichen. Diese Schuldscheine sollen kein gesetzliches Zahlungsmittel sein, andernfalls wäre ein Verstoß gegen europäische Verträge allzu offensichtlich. Um dennoch eine Akzeptanz für diese Parallelwährung zu erhöhen, soll der Staat wiederum diese als Steuerzahlungen akzeptieren.
Setzt Rom die Idee in die Tat um, dürften die europäischen Institutionen nicht lange mit Klagen gegen dieses Vorgehen warten. Ungeachtet der rechtlichen Bedenken, wie Erfolg versprechend wären solche Mini-BOTs? Entscheidend für den Erfolg einer Währung ist das in sie gerichtete Vertrauen. Üblicherweise ist es Aufgabe der Notenbank für dieses Vertrauen zu sorgen, wie es die Aufgabe der EZB ist, das Vertrauen in den Euro aufrechtzuerhalten. Im Fall der Mini-BOTs fiele diese Aufgabe aber dem italienischen Staat als Herausgeber zu. Solange die Bürger und Unternehmen darauf vertrauen, dass der Staat diese Mini-BOTs akzeptiert und indirekt (über die Begleichung von in Euro denominierten Steuerschulden) in Euro tauscht, könnte das Experiment zunächst vermeintlich gelingen und auch Begehrlichkeiten in anderen Ländern wie Griechenland wecken, dem Beispiel zu folgen. In einem günstigen Fall würden diese Schuldscheine auch im allgemeinen Wirtschaftskreislauf als Zahlungsmittel akzeptiert.
Dieses Vertrauen setzt allerdings den Glauben in die Solvenz des Staates voraus. Begleichen die Italiener zukünftig ihre Steuerschulden mit Mini-BOTs, brechen dem Staaten jedoch Steuereinnahmen in Euro weg, wohingegen die Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Ausland und Anleihegläubigern weiterhin in Euro festgeschrieben sind. Da Mini-BOTs nicht konvertibel sind, also an Devisenmärkten nicht handelbar, kann der Staat diese nicht für die Begleichung seiner Schulden verwenden. Auf die Dauer würde ein immer größeres Loch zwischen Ein- und Ausgaben in Euro klaffen, das letztlich am Kapitalmarkt refinanziert werden müsste. Lässt das Vertrauen in die Solvenz des Staates in der Folge nach, dürften Unternehmen keine Mini-BOTs mehr annehmen wollen, da auch sie ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland und Banken in Euro begleichen müssten. Das Mini-BOTs-Projekt drohte nicht nur zusammenzufallen wie ein Kartenhaus, auch die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit Italiens könnte schlagartig zunehmen, wenn die Regierung quasi ungedeckte Schecks ausgibt. Es überrascht daher wenig, dass allein die Diskussion über Mini-BOTs italienischen Anleihen zusetzt und bereits heute das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit des Landes schmälert.