Italien unter Druck

Die Renditen von italienischen Staatsanleihen verzeichneten gestern den größten Tagesanstieg seit Juni 2017. Ausgelöst wurde der Verkauf von Berichten, dass die beiden populistischen Parteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) im Rahmen ihrer Koalitionsverhandlungen auch über Forderungen nach einem Schuldenerlass durch die EZB sowie Szenarien eines Euro-Austritts sprachen. Zwar sagten Vertreter beider Parteien, diese Ideen seien in der neuesten Entwurfsfassung des noch nicht fertigen Koalitionsvertrages nicht mehr enthalten, den Markt konnte dies aber kaum beruhigen. Vielmehr setzt sich im Kreis der Anleger allmählich die Ansicht durch, dass ein Links-Rechts-Bündnis, sofern eine Einigung wirklich gelingt, sowohl innen- als auch europapolitisch erhebliche Risiken birgt. Erinnerungen an die Anfangszeit der amtierenden griechischen Regierung werden wach, die 2015 die Konfrontation mit Brüssel suchte, was erhebliche Marktturbulenzen ausgelöst hatte.

Der schleppende Fortschritt bei den Verhandlungen in Italien zeigt, dass Lega und M5S weiter hart um einen Kompromiss ringen. Während man in der Europapolitik gleichfalls kritische Ansichten vertritt, gestaltet sich vor allem die Suche nach einem Kompromisskandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten als schwierig. Zuletzt wurde sogar in Erwägung gezogen, dass beide Parteichefs, Di Maio und Salvini, den Posten abwechselnd besetzen könnten. Medienberichten zufolge wird eine Einigung bis Anfang kommender Woche angestrebt, andernfalls könnte Staatspräsident Mattarella doch noch die Ernennung einer neutralen Regierung in Erwägung ziehen.

Sollten M5S und Lega weiterhin mit solchen Gedankenspielen aufwarten und auch nur ansatzweise versuchen diese umzusetzen, sollte die Skepsis gegenüber Italien weiter zunehmen. Dies dürfte eine weitere Risikoadjustierung der Investoren nach sich ziehen, die dann wohl schnell und heftig ausfällt.


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