US Notenbank hat keinen Grund zur Eile

Wie nahezu einhellig von den Marktteilnehmern erwartet, hat die Fed gestern Abend den Leitzinskorridor bei 1,50% bis 1,75% unverändert gelassen. Die Erläuterungen zum Zinsentscheid, die Auskunft über den weiteren geldpolitischen Kurs geben sollen, wurden gegenüber der letzten Sitzung im März nur leicht angepasst. Einige Marktteilnehmer hatten damit gerechnet, dass die Notenbank angesichts der guten konjunkturellen Entwicklung und des zuletzt gestiegenen PCE-Deflators - das präferierte Inflationsmaß der Fed - ihr Wording deutlich verschärfen und nun vor Inflationsgefahren warnen wird. Dies hat sich aber nicht bewahrheitet. Was die Indikation bezüglich einer Leitzinserhöhung im Juni betrifft, so gab es im gestern veröffentlichten Zinskommuniqué kaum neue Hinweise. Die Fed nahm zwar zur Kenntnis, dass die Konsumtätigkeit im ersten Quartal gegenüber dem vierten Quartal 2017 nachgelassen habe. Die Unternehmensinvestitionen setzten jedoch ihren kräftigen Anstieg fort. Die mittelfristigen Risiken für den wirtschaftlichen Ausblick seien daher ungefähr ausgeglichen. Die Inflation sei zuletzt angestiegen und erreiche nun das Inflationsziel. Mittelfristig werde die Jahresinflation um das symmetrische Inflationsziel der Fed schwanken. Der Zinsentscheid ist einstimmig getroffen worden.

Die Marktteilnehmer haben auf die Fed-Entscheidung verhalten reagiert. Die Renditen der zehnjährigen US-Treasuries ist in einer ersten Reaktion leicht gesunken. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinsanhebung im Juni beträgt unverändert knapp 100%.

Auffällig beim jüngsten Fed-Kommuniqué ist, dass zwei Passagen gestrichen wurden. Zum einen wurde der Hinweis entfernt, dass sich die wirtschaftliche Dynamik zuletzt beschleunigt habe. Zum anderen findet sich im Statement nun nicht mehr der Passus, dass die Fed die Entwicklung der Inflation genauestens beobachte. Dies deutet darauf hin, dass die FOMC-Mitglieder mit dem jüngsten Anstieg der In-flationsrate zufrieden sind. Sorgen um einen kräftigen Anstieg der Inflation scheinen bei den Währungshütern nicht vorzuherrschen. Hierauf deutet auch der Zusatz hin, dass das Inflationsziel symmetrisch sei. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass die Inflation auch über das Ziel von 2% steigen kann, ohne dass die Fed auf die geldpolitische Bremse treten werde. Damit hat die Fed die Erwartungen einiger Marktteilnehmer hinsichtlich einer deutlich strafferen geldpolitischen Ausrichtung nicht befeuert. Gleichzeitig gab es keine konkreten Hinweise auf eine erneute Anhebung der Leitzinsen im Juni. Wir bleiben bei unserer Erwartung, dass die Fed die Leitzinsen im Juni um 25 Basispunkte erhöhen wird. Zudem rechnen wir weiterhin damit, dass die Fed an ihrem graduellen Zinserhöhungskurs in diesem Jahr festhalten wird.


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