Die Risiken steigen, die EZB hält am eingeschlagenen geldpolitischen Kurs zunächst fest.

Die geopolitischen Risiken sind zuletzt gestiegen. Die EZB nimmt dies ebenfalls war und hat in der letzten Ratssitzung eine abwartende Haltung eingenommen. Im Zuge der Pressekonferenz hat Notenbankchef Draghi aber erkennen lassen, dass die EZB grundsätzlich eine allmähliche Normalisierung der geldpolitischen Ausrichtung anstrebt. So zeigt sich der oberste Währungshüter nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Teuerungsrate mittelfristig ihrem Zielwert annähert. Draghi scheint bei seiner Wortwahl die richtige Balance gefunden zu haben, eine allmähliche Abkehr vom derzeitigen geldpolitischen Kurs vorzubereiten, ohne Ängste vor einem drastischen Kurswechsel zu schüren.

Hinsichtlich der Konjunkturaussichten für die europäische Wirtschaft gibt sich Notenbankchef Draghi weiterhin zuversichtlich. Zwar würden die jüngsten Daten auf eine nachlassende konjunkturelle Dynamik hindeuten, doch sei dies vor allem dem überdurchschnittlichen Wachstumstempo in den zurückliegenden Quartalen geschuldet. Die Konjunkturperspektiven seien nach wie vor als solide einzustufen. Vor diesem Hintergrund zeigen sich die Währungshüter zuversichtlich, dass die Inflation mittelfristig Auftrieb erfährt. Man werde aber dennoch ein sehr wachsames Auge auf die konjunkturelle Entwicklung haben - damit bildet sich über den zukünftigen EZB-Kurs zumindest eine kleine Unsicherheit ab, die die Marktteilnehmer beschäftigen wird.

Zur Juni-Ratssitzung werden turnusgemäß neue Projektionen zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung veröffentlicht. Auf deren Basis dürften die Währungshüter über die weitere geldpolitische Weichenstellung beraten. Stimmen die Rahmenbedingungen (keine Abwärtsrevision des Inflationsausblicks) könnte die EZB bereits zur nächsten Ratssitzung die Konditionalität zwischen dem Asset Purchase Programme (APP) und dem mittelfristigen Inflationsausblick auflösen. Dies würde es der Notenbank grundsätzlich ermöglichen, das Anleihekaufprogramm auslaufen zu lassen. Über den Fortgang der Anleihekäufe sollte spätestens im Juli entschieden werden. Angesichts der EZB-Sommerpause im August besteht ansonsten nur wenig Spielraum die Entscheidung weiter aufzuschieben.

Insgesamt sollte das Anleihekaufprogramm zum Ende des Jahres auslaufen. Die erste Zinsanhebung dürfte aber erst Mitte 2019 erfolgen. Dabei hat sich zuletzt das Risiko erhöht, dass der lang ersehnte Beginn der zinspolitischen Normalisierung noch später beginnt.


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