Konjunktur in China: Guter Jahresauftakt, aber der Ausblick hat sich eingetrübt
Die chinesische Wirtschaft ist mit Schwung in das laufende Jahr gestartet. Die gute Konjunkturdynamik vom vergangenen Jahr konnte über den Jahreswechsel hinweg gehalten werden. Darauf deuten nicht nur die offiziellen Angaben zum Wirtschaftswachstum hin, die heute Morgen veröffentlicht wurden, auch zahlreiche Wachstums- und Umfrageindikatoren aus fast allen Bereichen der Wirtschaft zeigen eine robuste Entwicklung im ersten Quartal des Jahres. In den vergangenen Wochen haben die weltweiten Wachstumsrisiken jedoch weiter zugenommen, die Aussichten, vor allem für Chinas Exportkonjunktur, haben sich eingetrübt. Wir haben unsere Prognose für dieses Jahr gesenkt.
Mit 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) das Wachstumstempo vom Schlussquartal 2017 gehalten und liegt nun schon zum dritten Mal in Folge auf diesem Niveau. Die offiziell gemeldete Wachstumsrate Chinas zeigt sich damit einmal mehr äußerst unbeweglich – ein Trend, der in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen hat und die Skepsis an den Wachstumsangaben Pekings sicherlich vertieft. Für das zurückliegende Quartal deuten aber auch diverse andere Konjunkturindikatoren, die weniger der politischen „Begradigung“ unterliegen, auf eine sogar leicht beschleunigte Wachstumsentwicklung hin. Das jährliche Wachstum der Industrieproduktion beispielsweise hat sich im ersten Vierteljahr wieder auf 6,8 Prozent beschleunigt. Zum Jahresschluss war es noch durch strenge Umweltschutzmaßnahmen ausgebremst worden. Die Investitionstätigkeit ist im Quartalsvergleich ebenfalls etwas kräftiger ausgefallen. Vor allem die Bauinvestitionen haben zum Jahresauftakt angezogen. Sie erreichten erstmals seit drei Jahren wieder ein knapp zweistelliges Wachstum. Positiv ist auch, dass die Investitionsneigung der privaten Unternehmen deutlich gestiegen ist. Der Wachstumsimpuls der staatlichen Investitionstätigkeit ebbte dagegen weiter ab.
Auch Chinas Außenhandel zeigt sich zu Beginn des Jahres und dank der guten Weltkonjunktur deutlich erholt. Die Exporte erreichten das höchste Quartalswachstum seit fünf Jahren. Sie wurden jedoch, vor allem in realer Rechnung, von einer noch kräftigeren Importnachfrage überrundet, so dass ein positiver Wachstumsbeitrag vom Außenhandel erneut ausgeblieben ist. Es wäre sicherlich zu früh, dies bereits auf den schwelenden Handelskonflikt mit den USA zurückzuführen. Gleichwohl haben sich gerade für Chinas Exportkonjunktur, von der wir für dieses Jahr wesentliche Wachstumsimpulse für die Gesamtwirtschaft erwartet haben, die Aussichten merklich eingetrübt. Das Risiko, dass der Streit weiter eskaliert und es tatsächlich zur Verhängung von Strafzöllen auf weite Teile des Warenaustauschs der beiden Länder kommt, ist sicherlich nicht gering, auch wenn wir weiterhin davon ausgehen, dass es beim Säbelrasseln zwischen den beiden Handelsschwergewichten bleibt und letztendlich eine Verhandlungslösung gefunden wird. Aber auch die Unsicherheit darüber ist eine potenzielle Wachstumsbremse – für die gesamte Weltwirtschaft. Hinzu kommen die gestiegenen geopolitischen Risiken durch die unkalkulierbare Außenpolitik des amerikanischen Präsidenten – spätestens seit dem Luftschlag in Syrien am vergangenen Wochenende.
Eine Abschwächung der weltweiten Wachstumsdynamik, wovon wir für die kommenden Monate ausgehen, wird sich auch auf Chinas Exportkonjunktur bremsend auswirken und das Wirtschaftswachstum etwas stärker dämpfen als wir dies bislang unterstellt haben. Wir haben unsere BIP-Prognose für dieses Jahr deshalb von bisher 6,7 Prozent auf 6,5 Prozent gesenkt. Für das kommende Jahr belassen wir unsere Prognose jedoch unverändert und rechnen ebenfalls mit einem BIP-Wachstum von 6,5 Prozent. Damit würde die chinesische Regierung zumindest ihre selbstgesteckten Zielvorgaben weiterhin erfüllen, wenn auch nur knapp. Ob Peking dabei auf neue großangelegte Konjunkturstimuli verzichten kann, ist fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Schließlich hat Präsident Xi der ausufernden Verschuldung längst den Kampf angesagt und kann auch erste kleinere Erfolge verzeichnen. Sollte die Konjunktur jedoch stärker unter Druck geraten, wären auch Fiskalmaßnahmen kein Tabu. Denn dass Peking die Wachstumsraten – zumindest die offiziellen – dauerhaft unter die Grenze von 6,5 Prozent fallen lassen wird, halten wir vorerst für äußerst unwahrscheinlich.
