Trump erhöht den Druck auf China
Nun also doch: Donald Trump zieht die Daumenschrauben im Handelskonflikt nochmals deutlich an und kündigt weitere umfangreiche Strafzölle auf Produkte an, die Amerika primär aus China bezieht. Sie sollen chinesische Importe im Wert von 60 Mrd. USD betreffen – das wären über 10 Prozent aller US-Einfuhren aus China und damit längst nicht mehr nur „peanuts“. Dagegen treffen die ab heute geltenden Zölle auf Stahl und Aluminium die chinesische Wirtschaft nur am Rande. China ist zwar der größte Stahlproduzent der Welt, die chinesischen Stahl-Exporte in die USA wurden aber längst durch Anti-Dumping-Maßnahmen signifikant gedrosselt. Zusammen mit den Ausfuhren von Waschmaschinen und Solarkollektoren, auf die die US-Regierung bereits vor Wochen Strafzölle eingeführt hat, machen sie nur rund 1 Prozent aller Ausfuhren Chinas in die USA oder weniger als 0,1 Prozent des chinesischen BIP aus. Bei den nun neu angedrohten Strafzöllen wären dagegen Waren im Umfang von knapp 0,5 Prozent des BIP betroffen – das ist eine ganz andere Größenordnung.
Um welche Produkte es dabei geht, soll in den kommenden zwei Wochen festgelegt werden. China exportiert primär Konsumgüter in die Vereinigten Staaten. Strafzölle darauf würden erst einmal wie eine Konsumsteuer in den USA wirken. Leidtragende wären daher zunächst die US-Verbraucher, die jahrelang von den chinesischen Billigprodukten profitiert haben (nicht zuletzt Trumps in der Regel weniger wohlhabende Wählerschaft), und der US-Einzelhandel. Amerika würde sich also erst einmal selbst schaden. Das scheint der US-Präsident aber in Kauf zu nehmen, denn es geht ihm wohl in erster Linie darum, den Handelspartner an den Verhandlungstisch und zu Zugeständnissen zu zwingen. Darauf dürften auch die nun hauptsächlich gegen China verhängten Maßnahmen zielen. Im Fokus dabei: der erzwungene Technologietransfer, dem (nicht nur) US-Unternehmen ausgesetzt sind, wenn sie in China tätig werden wollen. Hier ist Kritik an Chinas Handelspraktiken sicherlich mehr als angebracht. Ringt Trump den Chinesen in diesem Bereich entscheidende Zugeständnisse ab, dürfte er auch wieder von den Strafzöllen ablassen.
Eigentlich hat China in diesem Konflikt gar nicht so schlechte Karten. Peking könnte den Amerikanern nicht nur mit vergeltenden Zöllen auf ihre Hauptausfuhren Sojabohnen, Autos oder Flugzeuge empfindlich schaden, sondern auch US-Unternehmen in China das Geschäftsleben mächtig schwermachen – durch initiierte Boykotte gegen US-Produkte oder Fernreisen in die USA, beispielsweise, oder aber auch durch Auftragskürzungen durch die staatlichen Fluglinien. Trotzdem glauben wir, dass Peking eher dazu neigt, einem Schlagabtausch mit Trump aus dem Weg zu gehen und die kommenden Wochen nutzen wird, eine Verhandlungslösung zu erzielen – auch wenn dies möglicherweise als „Kniefall“ vor Trump angesehen wird, was dem neu gewonnenen außenpolitischen Selbstbewusstsein der Chinesen eigentlich widerspricht.
Peking hat nämlich eine Menge zu verlieren, wenn es die heimische Konjunktur den Gefahren eines Handelskrieges aussetzt: Die Kommunistische Partei zieht die politische Legitimation ihrer Alleinherrschaft nicht zuletzt aus der wirtschaftlichen Stabilität des Landes, und die hat die chinesische Führung nach den Turbulenzen von 2015 in den vergangenen Jahren nur äußerst mühsam wiederhergestellt. Spätestens mit Blick auf den enorm hohen Verschuldungsberg, der bei einem Konjunkturabschwung gefährlich ins Rutschen geraten könnte, dürfte Peking beim Wachstum kein größeres Risiko eingehen wollen.