Chinas Verschuldung – ein drohender Stolperstein für die gute Weltkonjunktur

Chinas Verschuldung ist gefährlich hoch und zu einem erheblichen Risiko für die konjunkturelle und finanzielle Stabilität des Landes angeschwollen – daran bestehen wohl kaum Zweifel. Mit über 29 Billionen US-Dollar ist der chinesische Schuldenberg der zweithöchste der Welt, die Schuldenquote mit mehr als 250 Prozent für eine heranreifende Volkswirtschaft enorm und ihr Anstieg von über 100 Prozentpunkten in den letzten zehn Jahren gigantisch. Nicht von ungefähr ziehen der IWF und die BIZ schon seit geraumer Zeit Parallelen zu Ländern, deren Schuldenexzesse letztlich krisenhaft endeten: Japan in den 1980er Jahren, Thailand in den 1990ern oder Spanien nach der Jahrtausendwende. Auch China könnte auf solch eine Krise zusteuern.


Kritisch ist vor allem die hohe Verschuldung des Unternehmenssektors, die mit über 160 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) weltweit ihresgleichen sucht. Dahinter verbergen sich zu einem nicht unerheblichen Teil unsolide, „versteckte“ Staatsschulden: Staatseigene Unternehmen, deren Verschuldung rund doppelt so hoch ist wie die der rein privaten Betriebe, deren Ertragskraft aber gegen Null geht. Industriebetriebe, die ohne die subventionierten Kredite der Staatsbanken längst insolvent wären, aber von Peking künstlich am Leben erhalten werden. Oder dubiose Zweckgesellschaften, die im Namen der Provinzregierungen Kredite aufgenommen haben. Und über allem schwebt das Damoklesschwert des völlig überteuerten Immobilienmarktes. Platzt dort die Blase, wären weite Teile der Wirtschaft betroffen, denn fast die Hälfte aller Kredite hängt direkt oder indirekt mit dem Immobilienmarkt zusammen. Eine toxische Mischung.


Ob China tatsächlich in eine Krise abgleitet, ist schwer vorherzusagen – geschweige denn, wann. Das Risiko ist jedoch alles andere als gering. Letztlich könnte durch eine Korrektur der Häuserpreise, durch einen Konjunkturabschwung, aber auch durch den Kollaps eines Großkonzerns eine ganze Welle von Kreditausfällen losgetreten werden.


Was aber heißt das für die Weltwirtschaft? Dass China ein zweiter „Lehman-Moment“ droht, wie bisweilen befürchtet wird, dagegen spricht einiges. Peking dürfte gute Chancen haben, eine systemische Finanzkrise abzuwenden: Die Finanzkraft der Zentralregierung ist hoch, ihre Verschuldung mit unter 50 Prozent des BIP moderat und sie ist kaum von ausländischen Gläubigern abhängig. Sie könnte die Banken ausreichend kapitalisieren und auch Privatunternehmen, wie jetzt den Versicherungskonzern Anbang, auffangen und würde dies wohl sicherlich auch tun. Die Ansteckungsgefahren für das globale Finanzsystem erscheinen ebenfalls überschaubar, denn die chinesischen Banken sind international wenig vernetzt. Problematischer sind da schon die inzwischen zahlreichen weltweiten Beteiligungen hochverschuldeter chinesischer Unternehmen, wie der völlig undurchsichtigen HNA-Gruppe. Durch Schieflagen dieser Anteilseigner könnten auch die Unternehmen hierzulande, an denen Chinesen beteiligt sind, unter Druck geraten.


Auf jeden Fall aber dürfte Chinas Konjunktur den Belastungen, die von Erschütterungen im Bankensektor ausgingen, kaum standhalten können und das wäre weltweit zu spüren. Damit stellt die Verschuldungsproblematik in China ein ganz beträchtliches Konjunkturrisiko dar – und das nicht nur für das Land selbst. Auch die aktuell sehr gut laufende Weltkonjunktur könnte darüber mächtig ins Stolpern geraten.


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