Italien: Salvini, das Zünglein an der Urne
Italien befindet sich inmitten der heißen Phase des Wahlkampfes. Der Ausgang des Urnengangs könnte kaum knapper sein. Zwar liegt die rechte Allianz rund um Forza Italia (FI) und Lega Nord (LN) laut Umfragen in Front, eine absolute Mehrheit könnte die Allianz aber verfehlen und wäre damit auf Koalitionspartner angewiesen. Außerdem ist die Allianz der rechten Parteien keineswegs so stabil, wie die Parteigranden zu Beginn des Schulterschlusses noch bekundeten. Während sich die Forza Italia vor allem als verlässlich und staatstragend gibt, fischt die Lega Nord am rechten Rand des Wählerspektrums und inszeniert sich als klassisch rechtspopulistische Partei. So kokettiert LN-Chef Salvini wiederholt öffentlich mit einem Euro-Austritt des Landes und prangert die EU in ihrer jetzigen Form an: Italien dürfe nicht länger der Sklave Berlins oder Brüssels sein. Berlusconi, der selbst einen Italexit eine „Katastrophe" nennt, kommt die verbale Verschärfung seitens der LN keineswegs zupass. Beide Partner ließen jüngst sogar in letzter Sekunde eine gemeinsame Wahlkampfveranstaltung platzen.
Ein Blick auf die Umfragen verrät wiederum einen möglichen Grund für den Streit. Sah es lange so aus, als hätte die FI innerhalb der rechten Allianz bei der Wahl die Nase vorne, lassen jüngste Umfragen eher ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwarten. Die FI leidet vor allem darunter, dass ihre Gallionsfigur Berlusconi das Bild der Partei in der Öffentlichkeit zwar prägt, wegen einer gerichtlichen Verurteilung selbst aber kein öffentliches Amt ausführen darf. Salvini wittert daher Morgenluft, innerhalb der Allianz stärkste Kraft zu werden und damit gleichzeitig den Anspruch auf den Posten des Ministerpräsidenten erheben zu können. Tritt der Fall ein, das Land stünde politisch wohl Kopf. Weder hätte die FI damit gerechnet, innerhalb der Allianz nur die zweite Geige zu spielen, noch dürfte dies Koalitionsgespräche mit den Sozialdemokraten (PD) erleichtern.
Zwar sollten FI und PD einen mäßigenden Einfluss auf die LN in der Realpolitik haben, Salvini hat unter Umständen aber noch ein Faustpfand in der Hinterhand. Stocken die Gespräche, könnte sich die LN auch gegenüber der ebenfalls populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) öffnen. Als Vorbild würde ausgerechnet das krisengebeutelte Griechenland dienen, das seit 2015 von einer Koalition links- und rechtspopulistischer Kräfte regiert wird. So verschieden LN und M5S sind, es eint sie die Ablehnung gegenüber der EU und der Währungsgemeinschaft in ihrer jetzigen Form. Aus Investorensicht wäre dies gleichzeitig der ungünstigste aller möglichen politischen Konstellationen. Bislang blicken die Märkte den Wahlen eher entspannt entgegen, auch weil der von Investoren gefürchteten M5S bislang kaum Chancen nachgesagt werden, an einer kommenden Regierung beteiligt zu sein. Wendet sich das Blatt, dürften viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt werden. Die Freude über die sich auch in Italien verfestigende konjunkturelle Erholung könnte umgehend der Sorge über die politische Zukunft des Landes weichen.