09.02.2018
Zinssorgen übertrieben - Risiko für einen Bärenmarkt bei Aktien ist gering
Zusammenfassung:
- Sorge vor einer steigenden Inflation, mit der unmittelbaren Folge anziehender Kapitalmarktrenditen, ist zurück
- Steigende Leitzinsen bedeuten nicht, dass die Märkte einbrechen, historisch sind die Aktienmärkte weiter leicht angestiegen
- Zinssorgen werden aktuell zu stark diskutiert, die dynamische Gewinnentwicklung sollte bald wieder in den Vordergrund rücken
Erinnern Sie sich? – Genau vor einem Jahr war das Thema „Reflation“, eine Rückkehr der Inflation, ausgelöst durch eine expansivere Gangart bei der Geld- und Fiskalpolitik und steigende Rohstoffpreise, marktbewegend. Der Preisauftrieb in den USA stieg damals auf 2,5%, den höchsten Wert seit 2012. Nun ist die Sorge vor einer steigenden Inflation, mit der unmittelbaren Folge anziehender Kapitalmarktrenditen, zurück, diesmal getrieben durch die Befürchtung stärker steigender Löhne. Wir halten es zwar für wenig wahrscheinlich, dass ein solcher Inflationsschub mittelfristig ansteht. Aber: Die Arbeitslosenquote in den USA ist auf 4,1% gesunken, in die Nähe des Tiefstandes der vergangenen 60 Jahre. Da so wenig Beschäftigungsmöglichkeiten übrigbleiben, erscheint es durchaus denkbar, dass das kurzfristige Wirtschaftswachstum in Lohnsteigerungen und damit in eine weitere Zunahme der Konsumentennachfrage münden wird.
Dass die Inflation trotz kräftigen Aufschwungs noch niedrig ist, liegt an der (noch) moderat verlaufenden US-Lohnentwicklung, aber auch daran, dass wir in einem Zeitalter leben, welches durch Globalisierungseffekte und schnellen technologischen Fortschritt geprägt ist. Diese Faktoren arbeiten gegen den Preisauftrieb. Zusätzlich notieren die Rohstoffpreise noch auf relativ niedrigen Niveau. Sollten jedoch der Rohölpreis, der aktuell bei rund 60 $ liegt, und die Preise anderer Rohstoffe deutlich anziehen, könnte das obere Inflationsziel der Fed zeitnah erreicht werden. In einer solchen Situation hätte die US-Notenbank keine Möglichkeit mehr, als die Zinsen anzuheben, mit entsprechenden Folgen auch für die Unternehmen und Aktienmärkte.
Steigende Inflation kann gut für die Unternehmen sein, da sie ein gewisses Umsatz-wachstum anregt. Aber hohe Inflation kann die Profite auch durch höhere Inputkosten dezimieren. Nur wenn Unternehmen in einem inflationären Umfeld steigende Kosten problemlos auf die Verkaufspreise aufschlagen können, dürfte Inflation theoretisch die unternehmerischen Gewinnmargen nicht beeinflussen. Das ist üblicherweise nur der Fall, wenn Inflation während Konjunkturaufschwungsphasen auftritt. Ansonsten – und insbesondere während einer Rezession - werden die Gewinnmargen tendenziell sinken, da Kosten, insbesondere auch Löhne und Gehälter, schneller und früher steigen als die Verkaufspreise. Empirisch gesehen konnten Aktien gemäßigte Inflation sehr gut verkraften.
Steigende Zinsen führen dazu, dass Unternehmen in den herkömmlichen Bewertungsmodellen der Aktienanalysten weniger wert sind, weil ihre zukünftigen Gewinne mit einem höheren Zinssatz abdiskontiert werden. Jedoch kann dieser Effekt durch höhere Umsatzerlöse in Folge steigender Preise (Inflation) gemindert werden. Zusätzlich steigt durch anziehende Zinsen der Wettbewerb zwischen den Anlageklassen Aktien und Renten. Im dritten Wirkungsmechanismus wirkt der steigende Zins auf den Kreditzins, den die Unternehmen auf Schulden entrichten müssen, die Zinskosten steigen an.
Übertreiben die Notenbanken mit den Zinsanhebungen, droht die Gefahr, dass die Notenbanken den Konjunkturaufschwung abwürgen und das Sentiment beziehungsweise die Gewinnentwicklung „pro Aktie“ komplett dreht. Dies war in den Jahren 2000 und 2007 zu beobachten. Allerdings: Zunächst ist noch Entspannung angesagt. Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Aktienmärkte ab einem US-Renditeniveau um vier bis fünf Prozent zu Schwächephasen neigen - in diesem Zyklus vielleicht sogar schon auf einem niedrigeren Niveau. Einen solchen deutlichen Renditesprung erwarten wir aktuell jedoch nicht.
09.02.2018