Sinnvolle Reformvorschläge für den Euroraum
Eine Gruppe renommierter deutscher und französische Ökonomen hat sich mit einem Thesenpapier zu Wort gemeldet und umfassende Reformvorschläge für die Europäische Währungsunion zusammengestellt. Dabei geht es von einer Überarbeitung der geltenden Maastricht-Regeln über eine Etablierung neuer unabhängiger Aufsichtsgremien und die Weiterentwicklung der Europäischen Bankenunion bis zur Einführung von Mechanismen zur geordneten Insolvenz von Mitgliedsstaaten.
Insgesamt verdient der Ansatz durchaus Unterstützung. Denn es wird versucht, die Kluft zwischen der „Sparpolitik“ der Nordländer und der „Ausgabenfreude“ der Südländer zu überbrücken. Dieser Gegensatz hat in den letzten Jahren die Verhandlungen im Kreis der Mitgliedsländer erheblich erschwert und den notwendigen Reformprozess der EWU weitgehend blockiert. Nicht zuletzt hat das zur Stärkung populistischer Bewegungen in Nord und Süd beigetragen.
Ebenfalls positiv bei dem Ökonomen-Antritt: Es wird auf Marktmechanismen gesetzt und auf unabhängige Institutionen zur Kontrolle. Denn die Kontrolle der Politik durch die Politiker selbst funktioniert erwiesenermaßen nicht.
Doch genau dort ist auch der Haken. Die Umsetzungschancen vieler neuer Vorschläge sind gering, weil die Politiker ihrer eigenen Entmachtung nicht zustimmen werden. Sie werden versuchen, ihren Einfluss auf die Entscheidungen zu wahren. Wenn aber die unabhängigen Kontrolleure nicht wirklich unabhängig sind, dann werden die neuen Regeln genauso wenig eingehalten werden wie die alten.
Die Ökonomengruppe hat versucht, mit ihren Vorschlägen möglichst im Rahmen der geltenden EU-Verträge zu bleiben. Das ist verständlich, haben doch Vertragsänderungen kaum realistische Chancen auf Realisierung. Es schließt aber grundlegendere Reformansätze aus, wie etwa das planmäßige Ausscheiden eines Landes aus der EWU unter bestimmten Voraussetzungen. Ein solcher Prozess könnte in Zukunft aber notwendig sein.
Das Fazit aus meiner Sicht: Es handelt sich um einen Reformansatz mit vielen positiven Aspekten, er würde die EWU sicherlich zumindest ein Stück voranbringen. Er hat aber leider nur geringe Realisierungschancen, und das obwohl er in einigen Punkten nicht weitgehend genug ist.